Über den oft unterschätzten Beruf des Logopäden / der Logopädin

Datum: 20. Mai 2020
Autor: Janina Rückert, Logopädin
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Ich bin Logopädin. Wenn ich das erzähle, höre ich oft: „Die machen doch irgendwas mit Sprache oder?“, „Ich war als Kind auch beim Logopäden, weil ich gelispelt habe!“.

Dabei können Logopäden/-innen noch viel mehr als Kindern die Aussprache des /s/ beizubringen.

Wir helfen dem Grundschullehrer Herr Schmitt bei seiner chronischen Heiserkeit, der 5-Jährigen Tina bei ihrer Grammatik, Oma Ingrid, die sich ständig verschluckt und noch vielen vielen mehr…

Zusammenfassend kann man sagen, Logopäden/-innen sind Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schlucktherapeuten. Doch was heißt das eigentlich im Klartext?

Unser Berufsalltag beschäftigt sich zu einem großen Teil mit der oben erwähnten Kategorie „Da war ich auch als Kind!“. Schon Kleinkinder ab 2 Jahren, über Kindergarten- und Grundschulkinder bis hin zu Jugendlichen fallen in den Bereich der Therapie.

Die Inhalte umfassen in diesem Fall vor Allem Aussprache, Grammatik und Wortschatz. Viel wichtiger und grundlegender ist jedoch: Wir helfen den Kindern die Freude am Sprechen zu entdecken.

Was einige nicht wissen, Logopäden/-innen therapieren auch Stimmprobleme. Besonders bei sprechintensiven Berufen wie Lehrer/-in oder Erzieher/-in führt ein falscher Stimmgebrauch zu massiven Problemen. Manchen versagt die Stimme sogar vollständig.

Auch Kinder sind betroffen – z.B. der ständig heisere Paul, der sich mit Lautstärke gegen seine zwei älteren Geschwister durchsetzt und über das gesamte Fußballfeld schreit, braucht Stimmtherapie.

Eine weitere Gruppe bekommt – nicht zuletzt durch den Wandel unserer Gesellschaft – eine immer größere Bedeutung im Praxisalltag des/der Logopäden/-in. Denn die Zahl der neurologischen Patienten/-innen nimmt zu.

Allein in Deutschland sind jährlich 270 000 Menschen von einem Schlaganfall betroffen. Rund 30% leiden danach an einer Sprachstörung (Aphasie) und sogar bis zu 80% an einer Schluckstörung (Dysphagie). Auch  Menschen mit Schädel-Hirn-Traumata, mit degenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson oder mit Hirntumoren gehören zu denjenigen, die teilweise bis ins hohe Alter zu einem/r Logopäden/-in müssen.

Die Therapie der neurologisch Betroffenen dreht sich um die Verbesserung der Wortfindung, der Erhalt von Sprechlautstärke, die Kräftigung der Schluckmuskulatur oder das Wiedererlernen von deutlichem Sprechen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Sich ausdrücken können, Wünsche äußern, gehört werden, Essen mit Genuss – dies alles sind Grundbedürfnisse des Menschen und für die meisten von uns selbstverständlich. Und für alle in unserer Gesellschaft, die diese Fähigkeiten (wieder) lernen müssen, sind wir Logopäden/-innen da.

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